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Lernen ist eine zarte Angelegenheit

Es ist endlich soweit, ich schreibe meinen ersten Text übers Lernen. Für mich ist es wie eine Selbstoffenbarung, denn das Lernen liegt mir so am Herzen.

Natürliches Lernen zu erhalten ist wohl eine der schwierigsten Aufgaben die es gibt. Ein Baby lassen wir in der Regel in den ersten Monaten noch nach seinem Rhythmus lernen und greifen eher wenig ein. Spätestens beim Sitzen- und Gehen lernen wird aber schon zum ersten mal ernsthaft eingegriffen. Es wird gestützt, ermuntert, erwartet, gelobt etc. Muster die sich fortan durchs ganze Leben ziehen, aber eigentlich nicht sein müssten.

Was würde Geduld, abwarten, staunen und benennen verändern? Der natürliche Trieb würde von Anfang an erhalten. Tatsachen und Gegebenheiten würden an Stelle der Einteilung von gut und schlecht rücken. Das Vertrauen, der Entdeckungstrieb, der Lerntrieb, der Spieltrieb, die Neugierde würden erhalten bleiben. Die eigenen Fähigkeiten würden entdeckt. Es würde nach Lust und Laune ohne Scham ausprobiert. Es gäbe kein Machtgefälle und Gegeneinander, sondern ein Miteinander und Nebeneinander.

Was heisst das nun konkret?

Kinder lernen intrinsisch motiviert. Wenn man Kinder von Anfang an lässt, sie nur unterstützt wenn sie es wirklich brauchen, zwar präsent ist aber nicht omnipräsent, wird es ihnen kaum je langweilig sein, denn ihr Entdeckungstrieb und Erforschnungstrieb ist grenzenlos.

Wir Erwachsenen sind da. Je nach Alter in greifbarer, sichtbarer oder hörbarer Distanz. Wir sind präsent, abrufbar aber nicht aktiv, direktiv, urteilend und einteilend.

Schon nur Zeit ist ein einwirken auf die natürliche Entwicklung. Zeit ist eine Einteilung. Zeit bringt oft Unterbrechung. Der Flow wird gestört, dieser einzigartige grossartige Zustand des Seins. Des Seins ohne etwas zu müssen, des Seins in der Gegenwart, der Tiefe, des Glücks, der Entspannung, des Strahlens, der Ruhe….

…Gefühle die wir uns wünschen aber irgendwo auf unserem Lebensweg zurückgelassen haben und nur noch viel zu selten hervorrufen können. Dieser Automatismus ist kaputt gegangen aber wie und wo?

Oft läuft die Schwangerschaft bereits nur nebenbei, die Geburt wird nicht halb so geplant wie später ein Geburtstagsfest, das Wochenbett wird zum gefühlten Marathon und die Stillzeit wird zur Wirbelzeit. Stress, Zeitdruck und Ängste werden von Anfang an auf die Kinder übertragen. Alles Eigenschaften die natürliches Lernen schwierig bis unmöglich machen.

Was nun?

Zum Lernen braucht es Ruhe, Erdung und Gelassenheit. Kommt Langweile auf haben wir die natürliche Lernkomfortzone bereits verlassen. Um diese Lernkomfortzone wieder zu erreichen dürfen wir uns dem Deschooling öffnen. Dies bedeutet Langweile zu überwinden und wieder zu entdecken, zu uns zurück zu finden egal ob wir bereits in der Schule waren oder schon zuvor von unserem Umfeld manipuliert wurden. Jegliche Formung des Kindes führt zur Degeneration des natürlichen Lernprozesses. Erklären und Begleiten führt hingegen zu Erkenntnis und Integration. Rituale und Regeln führen zu Sicherheit und Zugehörigkeit. Natürliches Lernen ist Integrität ohne Macht und Urteil. Natürliches Lernen ist Verstehen durch Erfahrung, durch eigene Erkenntnis.

Wo findet natürliches Lernen statt?

Überall wo Begleitung mit echter Beziehung stattfindet. Nachhaltiges Lernen kann nur mit Beziehung stattfinden. Entweder mit Beziehung zu einer Sache oder mit Beziehung zu einem Menschen. Bei kurzen Inputs wie bei Lektionen, Vorträgen, Workshops und oberflächlichen Begegnungen können wir nicht in eine echte Beziehung mit anderen Menschen kommen. Eine Beziehung zur Sache haben wir nur, wenn wir uns dafür interessieren und der Wunsch zu einem Input von uns selbst, aus unserem inneren, kommt. Häufige Themenwechsel und Berieselung machen deshalb wenig Sinn, denn diese führen nur zu Reizüberflutung und Desintegrität. Desintegrität führt zu Mauren und Hürden um und über unsere wahren intrinsischen Wünsche. Sind wir nicht im Einklang, haben es auch alle um uns herum viel schwerer im Einklang zu sein. Unausgeglichene Eltern haben viel eher die Tendenz, ihre Kinder unbewusst oder bewusst zu formen oder für etwas begeistern zu wollen und stellen viel eher Erwartungen und Ziele auf.

Das Deschooling der Erwachsenen sowie die eigene Integrität erfolgt optimalerweise vor dem Eltern werden. Konnte dies nicht vor der Elternschaft geschehen oder wird es erst durch die Elternschaft ausgelöst, empfiehlt es sich seine eigenen Themen mit ausgewählten Fachpersonen anzuschauen, denn natürliches Lernen zu begleiten ist ein herausfordernder Fulltimejob. Es sollte jedoch kein Job sein oder bleiben, sondern ein ausgeglichenes Zusammenleben und -lernen sein.

Das Lernen wird von liebevoller Beziehung genährt. Bindung ist hier fehl am Platz. Wir binden die Kinder weder an uns noch ein. Wir gehen in Beziehung mit ihnen. Wir tragen sie unter dem Herzen, am Herzen und nehmen sie zu Herzen. Wir nehmen sie optimalerweise in ihrer ganzen Grösse war. Einer Grösse, die nicht kleiner ist, als unsere. Sie sind genau so ganz wie wir Erwachsenen und mindestens ebenso Weise. Wir können von ihnen lernen und sie von uns. Natürliches Lernen findet ohne Diktatur und ohne Wertung statt. Natürliches Lernen ist Begeisterung für eine Sache oder eine Person. Natürliches Lernen ist Verschmelzung so intensiv und so lange wie es braucht um damit erfüllt und glücklich zu sein.

Natürliches Lernen kann überall stattfinden. Es ist weder Ort, noch Zeit, noch Postleitzahl, noch Jahrgangsgebunden. Natürliches Lernen braucht Freiheit in Sicherheit.

NATÜRLICHES LERNEN BRAUCHT GEBORGENHEIT IN SICH SELBST, ES IST LIEBE PUR.

(Dieser Text ist weder vollständig noch abschliessend, bleibt aber so stehen. Weitere Texte übers Lernen werden zu gegebener Zeit folgen.)

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