Als ich noch Teenager war, war es für mich total cool barfuss die Welt zu erkunden. Ich war oft und gerne barfuss unterwegs. Es war egal wo, auch Städte, Steinen und herbstliche Kälte konnten mich nicht davon abbringen. Irgendwann mit der Ausbildung und dem Berufsleben verschwand das Barfussgehen immer mehr aus meinem Leben bis es unser erstes Kind wieder zum leben erweckte. Instinktiv war für mich klar, es braucht so lange wie möglich keine Schuhe und auch keine Hausschuhe, denn Hausschuhe trage ich auch nicht. Alles gut und schön, doch unser Kind lernte im Winter das Gehen und wollte auch draussen hin und wieder ein paar Schritte machen. Was nun? Wir wählten das grösste Schuhgeschäft in der Region und hofften auf eine gute Beratung. Kaum drin wurden wir bedient und schon mal schräg angeschaut als wir nach veganen Winterschuhen fragten. Die Bedienung machte kurzerhand ein Telefon und verkündete lautstark dem Gegenüber, dass Tierschützer im Laden seien und lederfreie Schuhe für ihr Kind kaufen möchten. Wenig später hatte unser Kind mit Wolle gefütterte Winterstiefel an den Füssen, welche wörtlich wie Astronauten Schuhe aussahen. Eine kleine Aufklärung gegenüber der Bedienung folgte und siehe da es gab tatsächlich vegane Winterschuhe unter den unzähligen Schuhen in der richtigen Grösse. Am Schluss konnten wir zwischen schwarzen, grauen und braunen wählen. Wir haben die braunen Schuhe mit Klebverschlüssen gewählt. Der Traum von bunten Schuhen blieb ein Traum und vielleicht hatte ich mir in diesem Moment auch kurz gedacht….hätten wir ein Mädchen, dann hätte es wenigsten zwischen Pink und Rosa wählen können.
Unser Kind konnte sich schnell geschickt auf den Füssen fortbewegen, deshalb gelang es ihm sogar mit diesen Schuhen seinen Radius zu erweitern. Auch wenn sie fürs Gehen lernen nicht geeignet waren, zumindest waren sie fürs Gehen lernen gedacht.
Zum Glück hatten wir schon einige Zeit vor dem Schuhkauf die wasserfesten Füsslinge für unser Tragekind entdeckt, welche weiterhin viel öfters an seinen Füssen waren als die BRAUNEN Schuhe.
Als ich dann auf ein Kinderschuhgeschäft in einer nah gelegenen Stadt hingewiesen wurde, hatten die schrägen Blicken in den Schuhfachgeschäften endlich ein Ende. Ich suchte zwar weiter im Internet nach guten veganen und wenn möglich plastikfreien Schuhen, fühlt mich aber vorerst in diesem Geschäft gut beraten.
Bei der virtuellen Suche stiess ich schon bald auf Kinderbarfussschuhe, welche wir dann auch gleich testeten und auch der Geschäftsinhaberin vorführten. Sowohl uns wie auch die Geschäftsinhaberin überzeugten diese Schuhe jedoch nicht. Trotzdem wurde hier das Interesse nach Barfussschuhen geweckt. Auch ich testete wenige Monate später ein paar Barfussschuhe, welche zehn Finger brauchten um fünf Zehen in Position zu bringen. Auch diese Schuhe überzeugten mich, nicht zuletzt wegen dem vielen Plastik, nicht.
Im letzten Winter sollte es dann wohl sein, dass wir trotz, wie üblich netter Beratung, für unserem Sohn, in oben genanntem Kinderschuhgeschäft, zwei viel zu grosse Winterschuhe kauften. Nicht nur uns sondern auch Bekannten viel es auf, dass unser Sohn zu grosse Schuhe trug. Die Suche nach guten Schuhen, in der richtigen Grösse, setzte sich also fort. Es folgten erneut einige Abstecher in Schuhfachgeschäften. Wir waren immer noch Veganer, fühlten uns aber immer noch nicht so schräg wie die Blicke der Verkäuferinnen und fanden die Reduktion auf Tierschützer genau so wenig zutreffend wie Schule der Inbegriff des Lernen sein soll. Es verstrichen Stunden im Internet, die Hoffnung einen Schuh für die Füsse unseres Sohnes zu finden war aber tatsächlich noch da. Der Tipp einer Freundin sollte uns schliesslich erlösen, sie erzählte uns etwas von Wildlingen, welche sie im Internet entdeckt habe. Ein paar Gedanken, Fussbewegungen und Fingerbewegungen später entdeckte ich einen Schuh welcher für mich auf den ersten Blick viele Bedürfnisse abdeckte. Es folgten tausende Augenbewegungen bis ich den ganzen Internetauftritt gelesen hatte.
Für die Winterschuhe unseres Kindes wurde bereits eine Menge Geld ausgegeben und der Frühling war auch schon fast da, deshalb hielt ich meine juckenden Finger fürs erste zurück und machte nicht gleich die erste Bestellung sondern überlegte mir ob es nicht doch besser wäre gar keine Schuhe mehr zu tragen. Also fing ich im Februar an mich auch draussen wieder mit dem Barfussgehen anzufreunden. Es blieb aber nicht nur wegen der Kälte bei ein paar Runden ums Haus. Mit Baby im Tragetuch fühlte ich mich sehr unsicher beim Barfussgehen, weil ich nicht richtig auf den Boden sehen konnte. Zudem machte ich mir Gedanken über meine Haltung, die so oder so eher Buckelfrauelchen ähnelt als einer Sonnenanbetrin.
Ein paar Hirnnetzverbindungen später, sitzend vor einem SCHWARZEN Kasten machte es klick und nochmals klick und nochmals klick. Plötzlich waren zwei Paar Wildling Shoes bestellt. Eines für mich und eines für meinen Sohn.
Wer jetzt glaubt, mein Wunsch wäre auf die schnelle erfüllt worden, der hat sich getäuscht. Wünsche brauchen Zeit zum reifen. Das Paket traf im April ein, es liess mich meine Vorfreude auskosten, was ich sehr genoss. Die Vorfreude blieb aber nicht die grösste Freude, nein die grösste Freude ist, seither Wildlinge an den Füssen tragen zu dürfen und seither Fussbetucht happy zu sein. Ein Wunsch bleibt jedoch noch offen, wenn ich mir das Gefühl vorstelle in einem Schuh zu gehen welcher 100% aus natürlichen, nachwachsenden Rohstoffen besteht, beginne ich wieder zu träumen und meine Finger kommen wieder in Bewegung. Dann aber brauche ich mich nur zu besinnen, dass meine Zehen und die Zehen meines Kindes, auch endlich wieder den ganzen Tag uneingeschränkt in Bewegung sein dürfen und schon kommen meine Finger schnell wieder zur Ruh. Auch wenn die Hülle der Füsse nur 90% Prozent der Vorstellungen entspricht, Zehenfreiheit und Zeit mit den Kindern ist mehr Wert als Materialperfektionismus und Träume sind schliesslich zum träumen da.